Buy&Build Beispiel: Im Vermögensverwalter Markt

Buy&Build als Lösung für die Nachfolgefrage: Was wir aus dem Vermögensverwalter-Markt lernen können

In vielen Branchen stellt sich aktuell eine Frage mit wachsender Dringlichkeit: Wie geht es weiter, wenn die Unternehmergeneration der 55- bis 65-Jährigen aus dem operativen Geschäft ausscheidet? Die Nachfolgeproblematik ist kein Nischenthema mehr, sondern betrifft weite Teile des deutschen Mittelstands. Beispielsweise den Markt für Vermögensverwalter, hier wurde in denen in den 1980er- und 1990er-Jahren unternehmerische Pionierarbeit. Viele Neugründungen sind entstanden:

Nach dem Rückzug aus Großbanken oder institutionellen Häusern gründeten viele Berater damals ihre eigenen Unternehmen – meist klein, mit zwei bis drei Partnern, einem überschaubaren Kundenstamm und dem Wunsch nach Unabhängigkeit. Über die Jahre wuchsen diese Häuser organisch, entwickelten sich zu soliden Betrieben mit mehreren Mitarbeitenden, teils überregionalen Kundenbeziehungen und starkem persönlichem Ruf. Heute stehen viele dieser Unternehmer an einem Wendepunkt.

Der Verkaufswille ist oft da, aber die Optionen sind begrenzt: Mitarbeiter sind fachlich qualifiziert, jedoch selten finanziell in der Lage, die gesamten Anteile zu übernehmen. Gleichzeitig wird das regulatorische Umfeld immer komplexer – mit steigenden Anforderungen an Transparenz, IT, Dokumentation und Produktwelt.

Genau in dieser Gemengelage kann ein Buy-and-Build-Ansatz eine praktikable und nachhaltige Lösung bieten. Dabei werden Unternehmen gezielt akquiriert („Buy“) und gemeinsam strategisch weiterentwickelt („Build“). Ziel ist nicht das bloße Zusammenlegen von Firmen in einer Holdingstruktur, sondern das bewusste Gestalten einer integrierten Gruppe mit gemeinsamem Zielbild, abgestimmten Prozessen und echter Zusammenarbeit. Richtig umgesetzt, entstehen so Netzwerke, die größer sind als die Summe ihrer Teile.

Buy and Build ist also nicht nur eine Transaktionslogik – es ist eine Wachstumsstrategie mit unternehmerischem Anspruch.

Entscheidend für den Erfolg ist der Aufbau eines stabilen, tragfähigen Kerns. Im Vermögensverwalter-Markt bedeutet das in der Regel ein gesundes, gut geführtes Unternehmen mit klarer Kundenpositionierung, funktionierender interner Organisation und erprobten IT-Systemen. Dazu gehören skalierbare Prozesse für Administration, Reporting und Kundendokumentation ebenso wie eine Unternehmenskultur, die Wachstum ermöglicht, ohne die Nähe zum Mandanten zu verlieren. Besonders relevant ist auch ein gutes Produktverständnis: Wer in der Lage ist, qualitativ hochwertige und wirtschaftlich attraktive Lösungen im Bereich Vermögensverwaltung, Fondsmanagement oder sogar Family Office anzubieten, schafft eine belastbare Grundlage, um weitere Unternehmen anzubinden.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, beginnt die nächste Phase – das gezielte Wachstum durch Zukäufe. Anders als bei klassischen Übernahmen geht es hier nicht um die schnelle Expansion um jeden Preis. Vielmehr wird der Markt systematisch analysiert: Welche Häuser passen inhaltlich, kulturell und strategisch? Welche Unternehmer stehen vor einer Übergabe, suchen aber noch den richtigen Partner? Gespräche auf Augenhöhe, Transparenz über die Perspektiven innerhalb der Gruppe und ein gemeinsames Verständnis von Qualität sind zentrale Elemente dieser Phase. Wer hier ohne Druck, aber mit klarer Vision agiert, hat die Chance, genau die richtigen Partner zu finden – und nicht nur das nächste Ziel für eine Übernahme.

Der kritische Erfolgsfaktor liegt jedoch in der anschließenden Integration. Hier entscheidet sich, ob aus einzelnen Unternehmen tatsächlich eine Gruppe entsteht – oder nur eine Liste von Beteiligungen. Gute Buy-and-Build-Strategien erkennen, wo Vereinheitlichung Mehrwert schafft und wo Individualität erhalten bleiben sollte. Typischerweise werden Themen wie regulatorische Anforderungen, Compliance-Prozesse, IT-Sicherheit oder auch Datenschutz auf Gruppenebene zentralisiert. So wird nicht nur Entlastung für die einzelnen Einheiten geschaffen – es entstehen auch Qualitätsstandards, die Vertrauen bei Kunden und Aufsichtsbehörden schaffen. Gleichzeitig bleiben die Beratung, die Kundenansprache, unternehmerische Entscheidungen im Tagesgeschäft und auch die Außenwirkung bewusst dezentral organisiert. Das Ziel ist eine Gruppe, die aus unterschiedlichen Charakteren besteht, aber mit einem gemeinsamen Anspruch auftritt.

Sind Plattform und Integration gelungen, entfaltet die Buy-and-Build-Strategie ihre eigentlichen Vorteile. Zum einen entstehen handfeste Skaleneffekte: Die Fixkosten für IT, Regulatorik, Infrastruktur und Produktentwicklung verteilen sich auf eine größere Basis. Das steigert die Wirtschaftlichkeit und schafft Ressourcen für Innovation. Zum anderen ermöglicht die Gruppe ein breiteres Angebotsspektrum: Ein Standort mit starker Expertise im Stiftungsmanagement kann von den Kunden anderer Gruppenmitglieder genutzt werden. Ein anderer Standort bringt unter Umständen ein eigenes Fondsprodukt oder Zugang zu einem bestimmten Marktsegment ein. Drittens erhöht sich auch die Attraktivität als Arbeitgeber – insbesondere für jüngere Talente, die in einer größeren Struktur mit Entwicklungsmöglichkeiten arbeiten möchten, ohne dabei den Mittelstandscharakter zu verlieren.

Nicht zuletzt eröffnet sich eine neue Perspektive auf die Unternehmerrolle selbst. Wer sein Unternehmen in eine Gruppe einbringt, verkauft nicht einfach – er wird Teil einer größeren Bewegung. Viele Unternehmer bleiben auch nach der Übergabe in beratender oder strategischer Funktion an Bord, bringen ihr Know-how ein und begleiten die Entwicklung aktiv mit. Das schafft nicht nur Kontinuität für Kunden und Mitarbeiter, sondern auch persönliche Erfüllung in einer neuen Rolle.

Die Buy-and-Build-Strategie im Vermögensverwalter-Markt ist ein Modell, das auf viele andere Branchen übertragbar ist. Überall dort, wo fragmentierte Märkte, Nachfolgedruck und zunehmende Komplexität aufeinandertreffen, kann dieses Konzept Antworten geben – wenn es mit unternehmerischer Sorgfalt, Weitsicht und Respekt umgesetzt wird.

Es geht eben nicht nur um das Kaufen. Es geht ums Bauen. Um Wachstum. Um echtes Unternehmertum in der nächsten Generation.

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